Die Folgen unseres Lebensstils werden uns langsam bewusst. Wir hinterlassen
Fukushima, Endlagersuche, Tschernobyl-Sarkophag, Atommüll vor Europas Küsten: Unsere Kinder, Enkel und folgende Generationen müssen mit der Zumutung leben, Zehntausende von Jahren auf den nuklearen Abfall anderer Leute aufpassen zu müssen.
Hitzewellen, gigantische Wirbelstürme, extreme Dürren, Hochwasser: Zwischen 2001 und 2010 erlebte die Welt nicht nur die wärmste Dekade seit die regelmäßige Aufzeichnung meteorologischer Daten begann, sondern auch die tödlichsten Wetter-Extreme. Mehr als 370000 Menschen kamen dabei insgesamt ums Leben. Und das jetzige Jahrzehnt könnte nach Einschätzung von UN-Experten noch furchtbarer werden[1][2].
Bevölkerungswachstum, Raubbau um an (Energie)Rohstoffe zu kommen, Industrialisierung der Landwirtschaft, Zerstörung der biologischen Vielfalt: Die moderne Landwirtschaft ersetzt mit Großtechnik und Agrarchemie menschliche Arbeit und ist von endlichen Rohstoffen wie (Öl, Phospor) abhängig. Sie führt zu Monokulturen, ausgelaugten und versalzenen Böden, dramatischen Rückgang der Vielfalt bei Kulturpflanzen, hohem Süßwasserverbrauch, Entwaldung, Vergiftung ganzer Wasserläufe, Artensterben ungekannten Ausmaßes.
1992 haben sich die Vereinten Nationen zum Leitbild der nachhaltigen Entwicklung bekannt. 2002 beschloss Deutschland seine nationale Nachhaltigkeitsstrategie. Wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, Umweltschutz und soziale Verantwortung sind so zusammenzuführen, dass Entscheidungen unter allen drei Gesichtspunkten dauerhaft tragfähig sind. Die Erhaltung der Tragfähigkeit der Erde bildet die absolute Grenze. Nebenstehendes Bild des Rats für Nachhaltigkeit zeigt die Entwicklung des Begriffs Nachhaltigkeit: "gefragt ist ein Denken in Zusammenhängen unter Berücksichtigung größerer Zeiträume. Zehn oder 20 Jahre Betrachtungshorizont reichen zur Erfassung der Konsequenzen, die der Lebensstil der westlichen Industriegesellschaften mit sich bringt, nicht aus. Ein frühes Beispiel für einen langfristigen und ganzheitlichen Ansatz stellt der Bericht des Club of Rome von 1972 dar. Die „Grenzen des Wachstums“ gilt als Ur-Studie zur nachhaltigen Entwicklung".
1972 erschien "Die Grenzen des Wachstums" - eine Studie zur Zukunft der Weltwirtschaft. Sie wurde 1992 und 2004 auf den neuesten Stand gebracht. Auf nebenstehendem Bild symbolisieren die gelbe und die rote Kurve Grenzüberziehung und Zusammenbruch (overshoot and collapse). Wird die begrenzte Belastbarkeit eines Systems überschritten, so gerät es unter Stress und sendet Warnsignale aus. Werden die Warnsignale beachtet, kann Belastung und Tragfähigkeit in Balance gebracht werden. Grenzüberziehung sollte vermieden werden. Sind die Grenzen bereits überschritten, ist ein "gesteuerter Niedergang" auf ein Niveau der Nachhaltigkeit dringend erforderlich. Geschieht auch das nicht, kommt es zum Kollaps. Nach einem Zusammenbruch beginnt die Belastbarkeit auf einem deutlich niedrigerem Niveau. Diese Gesetzmäßigkeit ist mittlerweile aus allen Lebensbereichen bekannt: Ökonomie, Ökologie bis hin zum Privatleben.
Im Mai 2012 erschien "2052 - Eine globale Prognose für die nächsten 40 Jahre"[3][4][5][6]. Wie auch "Die Grenzen des Wachstums" ist dieser Bericht an den Club of Rome herausragend, da er den Gesamtzusammenhang des Wachstums von Menschen und Wirtschaft auf der Erde betrachten. In "Grenzen des Wachstums" wurden jeweils 6 mögliche Wege (Szenarien) in die Krise und 6 mögliche Wege einer positiven Entwicklung betrachtet. Heute ist erkennbar, dass Menschheit und Wirtschaft den Weg in die "Krise der Umweltverschmutzung" gewählt haben (Szenario 3 in "Grenzen des Wachstums").
Ergänzend sei darauf hingewiesen, dass es weitere Arbeiten gibt, die mit der Auszeichnung "Bericht an den Club of Rome" erschienen sind. Wer also meint, dass alles einfach so wie heute weitergehen könnte da noch genügend Öl und Gas in Teersanden, unter dem Meer, unter der Arktis vorhanden ist und Fracking die Wahl der Stunde sei und ansonsten auch noch genug mineralische Rohstoffe in der Erde lagern, dem sei der am 06. Juni 2013 veröffentlichte Report "Der geplünderte Planet" empfohlen. Darin werden der Raubbau der Menschheit an Ressourcen und Rohstoffen der Erde sowie die damit verbundenen Folgen für die Umwelt und drohenden Konflikten um Rohstoffe betrachtet. Auch dieser Grenzüberziehungen muss man sich bewusst werden und den Weg zur Nachhaltigkeit wählen. Wenn Gold, seltene Erden, Bauxit, fossile Energierohstoffe knapper und teurer werden ist das kritisch für Wirtschaft und Wohlstand. Leider ist zu erwarten, dass dabei weiterhin viel zu oft rücksichtslos mit der Umwelt umgegangen wird um an die nun deutlich schwieriger erreichbaren, restlichen Rohstoffe zu kommen. Ethisch wiegen Verschwendung, Verschmutzung, Verknappung von Wasser schwerer. Dies gilt ebenso für die Gefährdung der Ernährungssicherheit der Menschen aufgrund der Abhängigkeit der industriellen Landwirtschaft von Öl und Phosphor sowie der Zerstörung von fruchtbarem Boden und Biodiversität. Dies gefährdet die elementaren Bedürfnisse der Menschen. All diese Effekte kommen zu den bereits bei Jorgen Randers aus globaler und genereller Sicht diskutierten Themen zusätzlich hinzu.[7][8]
Mit "2052" wagt Jorgen Randers in Zusammenarbeit mir 30 Wissenschaftlern, Ökonomen und Zukunftsforschern eine Prognose für die nächsten 40 Jahre. Er veröffentlicht damit eine fundierte Sicht von Entwicklungen im Zeitraum von 1970 bis 2052. Grundlegend ist dabei die Prognose der Bevölkerungsentwicklung, die er mit einem Höchstand von etwa 8,1 Milliarden Menschen in den 2040er Jahren prognostiziert. Dies sind etwa 1 bis 2 Milliarden Menschen weniger als die aktuelle UN Prognosen erwarten. Weiterhin errechnen die Forscher Konsum, Produktivität, Bruttoinlandsprodukt (BIP), Energieverbrauch und vieles mehr. Die drei nebenstehenden Grafiken sind daraus eine kleine Auswahl an Ergebnissen und Grafiken: weltweiter Verbrauch verschiedener Energiearten, CO₂-Emissionen, CO₂-Verschmutzung in der Atmosphäre, Temperaturanstieg seit der vorindustriellen Zeit, Anstieg des Meeresspiegels.
Die seit 40 Jahren bekannten Warnungen wurden nicht ausreichend genutzt um vorbeugend zu handeln - wir befinden uns in der Phase der Grenzüberziehung.
Konsequentes Handeln ist auf breiter Basis immer noch nicht in Sicht - starke Kräfte verzögern oder leugnen immer noch den dringend notwendigen Anpassungsprozess, vorwiegend aufgrund von Eigennutz und wirtschaftlicher Interessen.
Klimaziele und Reduzierung der Treibhausgase werden deshalb viel später erreicht, als dies in Rio 1992 und weiteren 17 Klimakonferenzen von 1994 bis 2012 als dringlich notwendig beschworen wurde. Die Prognose ist, dass Kohleverbrauch und CO₂-Emissionen bis 2030 weiter zunehmen und erst dann ihren Höhepunkt überschreiten. Die Erde kann das überschüssige CO₂ in der Atmosphäre in diesen Mengen nicht abbauen. Temperaturanstieg und steigender Meeresspiegel verursachen Extremwettersituationen mit zunehmenden Umweltkatastrophen.
Zusammenfassung:
Traurig an dieser Lage ist, dass mit vergleichsweise geringen Investitionen die Fehlentwicklungen vermieden werden könnten. Für vorausschauendes Handeln werden aber die verantwortlichen Personen
in Politik und Wirtschaft nicht belohnt. Es dominieren kurzfristiges Denken, Freiheit ohne Verantwortung, Konsumismus, streben nach schneller Rendite. Schlussbemerkung von Jorgen Randers zu
seinem Buch "Ich mag nicht, was ich sehe. Bitte helfen Sie mit, dass meine Prognose sich als falsch erweist. Gemeinsam können wir eine bessere Welt erschaffen".
mehr: [3][4][5][6]
Die Energiewende in Deutschland ist eine positive Ausnahme. Mit ihr ist ein Weg zu einer nachhaltigen, sicheren und wirtschaftlichen Energieversorgung Deutschlands möglich - sofern sie konsequent umgesetzt wird. Je zügiger dies gelingt, desto höher sind die Einsparungen an Anpassungs- und Katastrophenkosten und umso größer ist die Generationengerechtigkeit.
Trotz aller "Leitbilder" in Politik und Wirtschaft, die mittlerweile den Begriff Nachhaltigkeit aufnehmen, handelt die Gesellschaft weiterhin so als sei sie von der Umwelt unabhängig. Die Schäden an ihr gelten als Unfälle fernab vom eigentlichen System. Dies spiegelt sich in der Abbildung auf die Ökonomie wieder. Klassische Indikatoren wie Wachstum und Bruttoinlandsprodukt (BIP) berücksichtigen weder Ressourcenschwund noch Abfallproduktion. Im Jahr 2001 wurde von den Vereinten Nationen das "Millennium Ecosystem Assessment" (MA) in Auftrag gegeben. Mehr als 1.300 Wissenschaftlern aus 95 Ländern arbeiteten an dieser im Jahr 2005 veröffentlichten Studie. Basierend auf den großen natürlichen Prozessen der Erde
wurde der Begriff von Ökosystemdienstleistungen als Voraussetzung bzw. Grundlage für das Wohlbefinden der Menschen geprägt
Der Wert der Ökosysteme erschließt sich für Ökonomen, wenn man ihn in Zahlen kleidet. Was würde es kosten, wenn der Mensch all das selbst leisten müsste was die Natur ihm zur Verfügung stellt? Ein Ansatz von Robert Costanza (Umweltökonom, Uni Vermont) schätzt den Wert dieser Ökosystemdienstleitungen auf 33.000 Milliarden Dollar jährlich (Stand 2005). Im Vergleich wären die Summe der weltweite erwirtschafteten BIP etwa 18.000 Milliarden Dollar.
Das "Millennium Ecosystem Assessment" (MA) untersuchte weltweit 24 entscheidende Funktionen unserer Ökosysteme. 2005 befanden sich 15 dieser 24 Ökosystemdienstleistungen in einem Zustand fortgeschrittener oder anhaltender Zerstörung ![9]
Die 2006 vom Helmholtz Zentrum für Umweltforschung (UFZ) vorgestellte Studie "Das Millennium Ecosystem Assessment und seine Relevanz für Deutschland"[10] fasst zusammen und zeigt:
Speziell für Deutschland gilt
Zusammenfassung: folgende Handlungsfelder werden als besonders dringlich gesehen:
Sichere Energieversorgung zu günstigen Preisen ist eine Voraussetzung für Wohlstand.
Erneuerbare Energien wurden als heimische Energiequelle zur Stromerzeugung in Deutschland mittlerweile in einem bedeutendem Umfang erschlossen und sind seit 2011 bereits bedeutender als Atomkraft.
Bis 2009 zeigt Deutschland eine positive Entwicklung. In 2011 und 2012 ist aber ein Anstieg der Kohleverstromung zu beklagen (von 42% auf 45%). Dieser Trend zu Kohlekraftwerken ist hochkritisch und widerspricht der Energiewende und dem Klimaschutz. Kohlekraftwerke haben eine Laufzeit von 40 - 50 Jahren. Für diese Zeitraum legen sich die Verantwortlichen in Politik und Wirtschaft auf den klimaschädlichen Ausstoß von Treibhausgasen fest.
Seit der Veröffentlichung des Klima - Sonderberichts am 10. Juni 2013 [13]fordert selbst die industriefreundliche Internationale Energieagentur (IEA) vier Sofortmaßnahmen zum Klimaschutz (4-for-2°C Scenario):
Anmerkung: zu den ersten drei Punkten ist sofortiger Handlungsbedarf in Deutschland offensichtlich.
IEA Bericht - Zitat: "Die Welt wird das von Regierungen festgelegte Ziel, den langfristigen Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur auf 2 Grad Celsius (°C) zu begrenzen, mit dem bisherigen Kurs nicht erreichen. Die weltweiten Treibhausgasemissionen steigen rasant an, und im Mai 2013 überschritt die Kohlenstoffdioxid‐ (CO₂) Konzentration erstmals seit mehreren hunderttausend Jahren 400 Teile von einer Million (ppm). Die meisten wissenschaftlichen Analysen deuten darauf hin, dass der Klimawandel bereits begonnen hat und dass wir mit häufigeren und intensiveren meteorologischen Extremereignissen (z. B. Stürmen, Überschwemmungen und Hitzewellen) sowie höheren globalen Temperaturen und einem Anstieg des Meeresspiegels rechnen müssen ... Obwohl die derzeitigen weltweiten Anstrengungen noch nicht ausreichen, um den Temperaturanstieg auf 2 °C zu begrenzen, ist dieses Ziel technisch noch immer zu verwirklichen. Allerdings müssen hierzu bis zum Jahr 2020 ... umfangreiche Maßnahmen ergriffen werden, um eine realistische Chance zu wahren, das Zwei‐Grad‐Ziel zu erreichen. Energie steht im Zentrum dieser Herausforderung: Der Energiesektor ist für ca. zwei Drittel der Treibhausgasemissionen verantwortlich, da über 80% des weltweiten Energieverbrauchs aus fossilen Quellen gedeckt werden."
Die IEA betrachtet Risiken und notwendige Maßnahmen insbesondere auch unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten. Zitat: "Der Energiesektor ist gegen die physikalischen Auswirkungen der Klimaveränderung nicht immun und muss sich anpassen. Durch das Abbilden der Schwachstellen im Energiesystem identifizieren wir plötzliche, schädliche (durch extreme meteorologische Ereignisse verursachte) Auswirkungen, die Kraftwerke und Stromnetze, Öl‐ und Gasanlagen, Windparks und andere Infrastrukturen gefährden können ... Die Verschiebung einer verschärften Klimapolitik bis 2020 würde Kosten verursachen: 1,5 Billionen US‐Dollar an Investitionen für kohlenstoffarme Technologien würden bis 2020 eingespart, aber anschließend wären 5 Billionen US‐Dollar erforderlich, um dies wieder aufzuholen. Die Verzögerung weiterer Aktionen – selbst bis zum Ende dieses Jahrzehnts – würde daher zu bedeutenden zusätzlichen Kosten im Energiesektor führen und das Risiko erhöhen, dass Energieanlagen vor Ende ihrer Betriebsdauer stillgelegt werden müssen."
Bild 1 (Was macht Ihr mit unserer Umwelt): © Thorben Wengert / pixelio.de
Bild 2: Rat für nachhaltig Entwicklung, Stammbaum der Nachhaltigkeit
Bild 3: Chelsea Green Publishing 2004, Limits to growth, The 30-Year Update
Bild 4 (Drei Affen): © siepmannH / pixelio.de
Bild 5 und 6: Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung GmbH - UFZ
Quellen: